Woche der seelischen Gesundheit - Thema: Angst. Ein großes Thema. Zum einen ist sie wichtig, um uns vor Gefahren zu schützen. Auf der anderen Seite, kann sie uns das Leben schwer machen.
In der letzten newsletter-Reihe hatte ich mich mit schwierigen Gefühlen befasst. Schlussthema bildete die Angst. Daher passend für diese Woche der seelischen Gesundheit.
Als Einstieg eine kleine Geschichte aus dem Hinduismus.
Ein Mönch ist auf Wanderschaft und findet abends in der Dämmerung einen Schlafplatz in einer Höhle. Kurz nachdem er sich eingerichtet hat, bemerkt er am Eingang zur Höhle eine zusammengerollte Schlange liegen. Aus Angst gebissen zu werden, bleibt er die ganze Nacht wach. Als am Morgen die ersten Sonnenstrahlen auf die Schlange treffen, entdeckt er zum großen Erstaunen, dass es keine Schlage war, sondern ein aufgerolltes Tau. Trotz Müdigkeit aber tief durchatmend und voller Erleichterung geht er seines Wegs, sieht nach einiger Zeit auf dem Weg wieder ein aufgerolltes Seil liegen, und denkt nichts schlimmes, bis er gebissen wird.
Was hat diese Geschichte mit Angst zu tun?
Angst kennen wir alle und sie verbindet uns im Menschsein.
Evolutionär ist im limbischen System (Gehirn) ein Bereich- die Amygdala-, angelegt, die oft mit "Angstzentrum" assoziiert wird. Wir gehen zum Beispiel vergnügt im Park spazieren und auf einmal hören wir ein Rascheln oder Knurren im Gebüsch. Das hier unser Alarm- und Bedrohungssystem anspringt, ist völlig berechtigt und auch gut so. Diese uns innewohnende Reaktion ist ein Selbstschutz und fühlt sich wie Angst an, wenn dann das Denken von Szenarien einsetzt. Oder unangenehme Erinnerungen bzw. gemachte Erfahrungen aufploppen.
Was passiert in genau solchen Bedrohungssituationen?
Flucht, Kampf, Erstarren und /oder Vermeidung! ist oft die erste Reaktion. Erinnerungen an eine gemachte Erfahrung oder auch Gehörtes von anderen werden in den Zellen wach und sofort beginnt der Verstand zu bewerten, zu analysieren und wie es in Achtsamkeitssprache heißt, sich mit den Gedanken zu identifizieren. Das Grübelkarrussel beginnt sich zu drehen.
Zu viel Stress oder sich Sorgen machen kann die Amygdala (Gehirn) anfeuern. Aus wissenschaftlichen Studien ist schon seit Jahren bekannt, dass zu viele Stresshormone im Blut die Amygdala anschwellen lässt, was wiederum zur Folge hat, dass sich Ängste gegen alles Mögliche verstärken können. Die Psychologie nennt das generalisierte Angststörung, oft im Zusammenhang mit Depressionen oder Burnout diagnostiziert.
Laut meinem etymologischen Wörterbuch leitet sich das Wort aus dem 8.Jhd. von angust ab, was Enge, Beengtsein bedeutet. Interessant hier der Bezug zu Angina, die Enge im Hals. Angst impliziert, das es eng werden kann, wir verkrampfen uns, die Muskulatur spannt sich an.
Ständig oder häufig im Zustand von Angst zu sein raubt wertvolle Lebensqualität, verhindert gelungene Kommunikation, verursacht Unsicherheit im Verstand und im Herzen. Daher ist es wichtig, die Ursache von Angst zu erforschen (Innehalten), besonders die tief verwurzelten angesammelten oft auch übernommenen/erworbenen Ängste. Ich selbst hatte irgendwann bemerkt, dass z.B. meine Ängste vor Pferden von meiner Mutter stammen.
Wenn Du vollständig aufmerksam bist, wirst Du bemerken, wie Angst eng mit dem Denken verwoben ist und das Denken wiederum mit den Gefühlen. Und eine "Emotion ist die Reaktion des Körpers auf den Verstand", so nennt es Eckhart Tolle in seinem Buch "Jetzt". Dies gilt es mitzubekommen, dafür wach zu sein. Und alles passiert in einem Bruchteil von Sekunden.
Was in der Zukunft auftauchen oder sein könnte, können wir nicht wissen. Daher schult uns die Achtsamkeit im Nichtwissen. Und die Haltung von Nichtwissen wird gestärkt durch ein fortwährendes Praktizieren von WAS IST JETZT! Richte die Aufmerksamkeit auf den Atem, auf den Körper. Immer und immer wieder.
Zurück zur Geschichte mit der Schlage und dem Tau:
Wir haben oft Angst vor der Vorstellung, dass es so oder so kommen könnte. Erforsche es selbst! Ist es wahr, was der Verstand mir gerade erzählt?
Viele Neurowissenschaftler bestätigen inzwischen die positive Wirkung von Meditation, Achtsamkeit und Mitgefühl, dass die durch z.B. Dauerstress vergrößerte Amygdala in ihren Ursprungszustand zurückkommen kann. Dieser Ausflug zur Angst zeigt auf, dass es allgemein wichtig ist sich darin zu üben, eine bewusste innere Haltung zu kultivieren.
Was ist Jetzt ... die beste Prävention für Deine seelische Gesundheit.
Literatur:
Thorsten Barnhofer ist Co-Autor des Buches "Achtsamkeit und die Transformation von Verzweiflung", Arbor Verlag, 2017
Dieses Buch wurde schon mehrmals von Teilnehmenden empfohlen:
Mark Williams und Kollegen: Der achtsame Weg durch die Depression, Arbor Verlag, 2009
Petra Meibert und Kollegen: Der Weg aus der Grübelkarussell, Kösel Verlag, 2014
Film/Projekte
Die heilsame Kraft der Meditation, Arte 2017, schon mindestens 30 Mal in meinen Kursen angeschaut, sehr zu empfehlen
Projekt der Robert-Enke-Stiftung: Impression Depression
Schaue Dir gern dazu den Beitrag Das Gesunde in Dir stärken und nähren an. oder Innehalten
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